Interview: "Ich bin sehr dankbar"

22 Jahre lang hat Wolfgang Kirchner junge Menschen als Don Bosco Volunteers begleitet. Für den Sozialpädagogen und Theologen war das nicht einfach nur ein Job, sondern eine Berufung. Jetzt geht er in den Ruhestand.

"Die jungen Menschen lernen fürs Leben"

Wolfgang Kirchner ist dankbar, dass er 22 Jahre lang junge Menschen begleiten konnte. Der gebürtige Erfurter geht jetzt in den Ruhestand und hat endlich Zeit ein Buch zu schreiben. Über das Leben in der damaligen DDR – als Zeitzeuge. Auch ehrenamtlich wird sich der Vater dreier Kinder engagieren. Denn „für andere da zu sein“ ist ihm ein Herzensanliegen. Zwei seiner Kinder waren als Volunteers im Ausland. Eine Zeit, die sie geprägt hat.

Hat das Auslandsjahr deine Kinder verändert?

Ja, absolut. Gregor war in Sambia und Paula in Indien. Sie leben jetzt viel bewusster. Sie essen kein Fleisch mehr und setzen sich für eine ökologisch nachhaltige Welt ein. Bei fast allen Freiwilligen ist das nach dem Auslandsjahr so. Die jungen Menschen entdecken für sich einen neuen Lebensstil. Fragen sich, wie es gesellschaftlich weiter geht. Und vor allem, was kann ich selber tun? Wie kann ich gesellschaftliche Verantwortung übernehmen?

Erfahrungen fürs Leben

Die Erfahrungen als Don Bosco Volunteer prägen sie für das Leben. Im Ausland treffen sie auf Jugendliche, die ein völlig anderes Leben führen. Viel mehr Unsicherheiten und Herausforderungen im Leben haben. Dadurch erkennen sie ihre Privilegien und hinterfragen die Gesellschaft. Die Freiwilligen haben später keine kulturellen Berührungsängste, sondern empfinden andere Kulturen als Bereicherung. Das habe ich auch bei meinen Kindern gesehen.

Wie waren die Anfänge deines Einsatzes?

2003 habe ich bei Don Bosco Volunteers angefangen. Damals haben immer mehr junge Menschen wegen eines Freiwilligenjahrs im Ausland angefragt. Teilweise waren es in Bonn 28-30 Personen. Wir haben am Anfang nur einzelne Freiwillige entsendet. Es gab auch kein Gesamtpaket an Unterstützung. Die Jugendlichen wollten in die Don Bosco Projekte, weil es um Hilfe für Kinder und Jugendliche ging. Ihr Antrieb war es, etwas Sinnvolles zu machen, was ihnen auch im späteren Leben einen Gewinn bringt.

Der Freiwilligendienst ist kein Zuckerschlecken

Wir haben dann schnell gemerkt, dass es ohne pädagogische Begleitung nicht geht. Ein Freiwilligendienst ist kein Zuckerschlecken. Wir haben die Volunteers auf ihr Auslandsjahr intensiv in Seminaren vorbereitet und bis zur Rückkehr begleitet. Wir verstehen den Freiwilligendienst als Lerndienst. Man kann sehr viel von den anderen lernen. Ich würde allen jungen Menschen wünschen, dass sie eine solche Erfahrung machen.

Wir verstehen den Freiwilligendienst als Lerndienst. Ich würde allen jungen Menschen wünschen, dass sie eine solche Erfahrung machen.

Wolfgang Kirchner Ehemaliger Referent Don Bosco Volunteers

Was waren große Herausforderungen?

Während der Corona Zeit war die Verunsicherung bei den jungen Menschen sehr groß. Sie wurden von den Eltern sehr behütet und es fiel ihnen schwer, Deutschland mit all den Sicherheiten zurückzulassen. Es herrschte eine „Überbesorgtheit“ und die Ansprüche wurden immer höher. In gewisser Weise herrschte eine „Reisebüromentaltität“. Wir können zwar viele Pakete schnüren, aber wir sind kein Reisebüro, das „all inklusiv“ liefert.

War es stressig immer erreichbar sein zu müssen?

Ich hatte zwei Diensthandys und die waren immer eingeschaltet. Später haben wir viel über Whats App kommuniziert. Natürlich gab es auch stressige Situationen. Zum Beispiel, wenn es zu Erkrankungen, wie Dengue Fieber in Indien kam. Da muss man sofort reagieren und organisieren – in engem Kontakt mit den Eltern. Manche Volunteers haben auch ihren Standort während des Aufenthaltes gewechselt. Meinen Einsatz habe ich aber immer als positiven Stress empfunden. Denn es ging immer um die jungen Menschen.

Rückkehrerseminare als Erntedankfest

Die Rückkehrerseminare waren mein Erntedankfest. Wenn ich die jungen Menschen gesehen habe, wie sie gewachsen sind aufgrund ihrer Erfahrungen, dann hat mich das glücklich gemacht. Und ich wusste alle Mühe hat sich gelohnt. Du siehst es an ihren Augen, wie sie sich verändert haben. Für mich als Pädagoge war das ein besonders bewegender Moment. Ich bin dankbar, dass ich mehr als 20 Jahre junge Menschen begleiten durfte. Und ich freue mich, dass ich mit Laurin einen tollen Nachfolger habe. Er ist die richtige Person an der richtigen Stelle.

Was wirst du am meisten vermissen?

Die jungen Menschen werde ich sehr vermissen und das Leben auf dem Don Bosco Campus. Ich war deshalb auch sehr lange in der Mitarbeitervertretung (MAV) aktiv, weil mir das Leben auf dem Campus wichtig war. Dieses Gemeinschaftsgefühl hat mich in all den Jahren – mit und für junge Menschen - getragen.

 

Interview: August 2025

Hier erfahren Sie mehr:

Volontär jubelt mit Kindern beim Fußball

Don Bosco Volunteers Website

Auf der Website von Don Bosco Volunteers erfahren Sie alle Details zum Freiwilligendienst sowie zur Bewerbung.

Volontärin trägt Mädchen Huckepack

Don Bosco Volunteers Blog

Auf dem Don Bosco Volunteers Blog schildern die Freiwilligen ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Eindrücke direkt von vor Ort.

Noch Fragen?

Die Bewerberin oder der Bewerber sollte zwischen 18 und 28 Jahren alt sein und die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Voraussetzung sind ein Hauptschul- oder Realschulabschluss mit abgeschlossener Berufsausbildung oder das Abitur. Es ist auch möglich, sich mit einem Bachelor- oder Masterabschluss zu bewerben. 

Praktische Erfahrungen im sozialen Bereich - zum Beispiel in der Kinder- und Jugendarbeit - sind von Vorteil. Das können zum Beispiel ehrenamtliche Tätigkeiten in Musik- oder Sportvereinen sein. Als Don Bosco Volunteer ist es aber am wichtigsten, offen für fremde Kulturen zu sein.

Das Freiwilligenjahr wird vom Weltwärts-Programm des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mit 75 Prozent gefördert. Die restlichen 25 Prozent der Gesamtkosten werden vom Träger übernommen. Vorgesehen ist, dass die Freiwilligen sich mit einem Eigenanteil an diesen Kosten beteiligen. Dies ist zum Beispiel durch den Aufbau eines Spenderkreises möglich.

Unsere Erfahrung zeigt, dass Freiwillige oft erst nach sechs Monaten richtig vor Ort angekommen sind. Deswegen bieten wir nur einjährige Dienste an.

Jeder junge Mensch kann sich bewerben - unabhängig von seiner Religionszugehörigkeit. Auch Bewerber ohne Konfession sind willkommen. Wichtig sind eine religiöse Offenheit und die Bereitschaft das Leben in der Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos zu teilen. Teilnahme an Gebeten, Gottesdiensten und religiösen Festlichkeiten sind freiwillig.

Die Don Bosco Volunteers werden intensiv auf ihren Einsatz vorbereitet. Vor der Ausreise finden drei Vorbereitungsseminare statt. Ausgebildete Trainer und ehemalige Freiwillige informieren über Themen wie Interkulturalität, die Pädagogik Don Bosco und medizinische Vorsorge.