Otilia Sirbu, Direktorin der Caritas MoldawienOtilia Sirbu, Direktorin der Caritas Moldawien

Otilia Sirbu, Direktorin der Caritas Moldawien"Die Eltern als Bankomat"

Otilia Sirbu, 39, arbeitet seit 2003 bei der Caritas Moldawien. Seit mehreren Jahren ist sie dort Direktorin. Sie kennt zahlreiche Schicksale von Sozialwaisen. Die Kinder und Jugendlichen bräuchten Liebe und eine Bindung. Doch sie erhielten nur Geld.

Geld und Markenkleidung

"Es gibt unzählige Familien in Moldawien, in denen die Kinder völlig auf sich gestellt sind. Ich sehe jede Woche mindestens fünf schwere Fälle, in denen den Kindern entweder Gewalt zugestoßen ist oder sie allein gelassen wurden. Wir haben uns von einer Gesellschaft, in der es einen festen Halt durch die Unterstützung der Generationen gab, wegentwickelt. Heute ist es schwierig für Familienmitglieder, ihre Rollen zu finden. Wer ins Ausland geht, verliert seinen Platz in der Familie.

Das schlechte Gewissen wird häufig mit Materiellem kompensiert

Sehr oft haben die Weggegangenen ein schlechtes Gewissen und versuchen das zu kompensieren. Sie schicken Geld, elektronische Geräte, Markenkleidung, Delikatessen. Aber gerade für Kinder ist das sehr destruktiv, weil sie die Eltern dann nur noch als Bankomat sehen. Was Kinder brauchen, ist Liebe und eine Bindung.

"Wir können auf dem europäischen Markt nicht mithalten."

Ohne das sind Kinder verloren, sie fangen an zu trinken, nehmen Drogen, gehen in die Disko statt in die Schule. Wenn ich politisch etwas zu sagen hätte, würde ich mich um gute Bildung kümmern, in die Wirtschaft investieren und höhere Qualitätsstandards für unsere Produkte durchsetzen. Bisher können wir auf dem europäischen Markt nicht mithalten."

 

 

Kapitel 3: Moldawiens Sozialwaisen - Die Eltern als Bankomat