"Wir möchten die Menschen erreichen"
Manche Flüchtlingskinder haben noch nie eine Schule besucht. Gründe hierfür sind der Krieg in ihrem Heimatland und dann die Corona-Pandemie. Wie können diese Kinder und ihre Familien erreicht werden? Wie können Migranten erreicht werden, die in den Außenbezirken der Metropole wohnen. Diese Fragen stehen im Fokus der Arbeit von Don Bosco Istanbul. Pater Simon Härting SDB erzählt von den zukünftigen Herausforderungen.
Wie ist die aktuelle Corona-Situation?
Allgemein ist die Situation entspannter. Die Inzidenz ist gesunken und die Impfungen nehmen immer mehr zu. Das liegt auch an dem wirtschaftlichen Druck, der auf der Türkei lastet. Die Wirtschaft braucht nach der Krise dringend neue Impulse.
Verlust von Arbeitsplätzen
Für die Flüchtlinge ist die Situation noch schwierig. Rund 95 Prozent haben ihre Arbeit durch Corona verloren. Die einzigen Jobs, die es noch gibt, sind als Übersetzer im Bereich der Haartransplantationen. Schönheitsoperationen erfahren zurzeit einen Boom, das ist ein lukratives Geschäft und viele Kunden kommen aus dem Ausland, viele auch aus Deutschland.
Wie hilft Don Bosco den Flüchtlingsfamilien?
Die Nothilfefonds, die wir für die Familien im letzten Jahr eingerichtet haben, werden auch jetzt noch stark angenommen. Zeitweise haben wir 125 Flüchtlingsfamilien pro Woche versorgt: mit Lebensmittelpaketen, Medikamenten, Hygieneartikeln und Miethilfen. Auch Bestattungs- und Krankenhauskosten haben wir in unserem Budget eingeplant.
Pater Simon Härtingaus Istanbul
"Wichtig ist es, sich Zeit für die Menschen zu nehmen."
Bei den Terminen mit den Flüchtlingen war immer auch ein Übersetzer dabei. Wir wollten eine lockere, entspannte Atmosphäre schaffen und auch mal zusammen lachen.
Für mich persönlich war die Situation manchmal belastend. Wir haben so viele dramatische Geschichten gehört – praktisch im Minutentakt. Das beschäftigt einen sehr. Ich bin dann am Bosporus joggen gegangen, um den Kopf wieder frei zu bekommen.
Pater Simon Härting SDB, Don Bosco Istanbul
Gab es auch Erfolgsgeschichten?
Viele Flüchtlinge leiden unter Mangelernährung. Sie sind teilweise nur Haut und Knochen. Eine junge Frau war auch darunter, sie ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Wir überlegten schon sie ins Krankenhaus einweisen zu lassen. Aber dann habe ich sie nach einer längeren Zeit wiedergesehen und praktisch nicht erkannt. Sie hatte sich unglaublich erholt und sah wieder gut aus, dank der gesunden Nahrungsmittel, die sie sich mit unseren Zuschüssen kaufen konnte. Das sind dann Erfolgsgeschichten, die einen aufbauen.
Was sind die zukünftigen Herausforderungen?
Durch die Corona-Situation mussten wir sehr schnell digitale Formate entwickeln und alles umgestalten. Jetzt nach 1 1/2 Jahren haben sich viele so sehr daran gewöhnt, dass manche gar keine Präsensveranstaltungen mehr wollen - selbst beim Gottesdienst. Die Leute haben immer noch Angst, sich anzustecken. Viele afrikanische Flüchtlinge möchten auch weiterhin digitalen Unterricht für ihre Kinder. Sie wohnen sehr weit außerhalb und brauchen zwei Stunden bis zur Schule und dann auch wieder zurück.
Was ist ihr wichtigste Aufgabe?
Unsere wichtigste Aufgabe wird es sein, zu prüfen, was in Zukunft sinnvoll und notwendig ist. Wir werden eine genaue Sozialraumanalyse machen und prüfen: Welche Bedürfnisse haben die Menschen? Wie sind ihre Befindlichkeiten? Könnte es eventuell auch sinnvoll sein, einen zusätzlichen Einrichtungsstandort zu wählen. Damit wir so näher bei den Menschen sind, die unsere Hilfe brauchen. Das werden wir uns jetzt alles ganz genau anschauen und reflektieren.
Das Interview wurde im Juli 2021 geführt.
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Don Bosco ist der Name des italienischen Priesters und Seelsorgers Johannes Bosco, der sich schon vor mehr als 150 Jahren für die Jugend einsetzte. Die Jugendlichen zu Zeiten Don Boscos haben zwar unter anderen Umständen gelebt als die heutige Jugend, doch viele Probleme und Herausforderungen sind die gleichen geblieben. Auch heute noch leben viele junge Menschen am Rande der Gesellschaft. Sie haben es schwer gesellschaftlich teilzuhaben und sich eine Zukunft aufzubauen. Deswegen steht der Name Don Bosco heute für ein weltweit tätiges Netzwerk mit einem erfolgreichen und bewährten pädagogischen Ansatz, das sich für die Anliegen von Kindern und Jugendlichen einsetzt.
Don Bosco Mission Bonn fördert Projekte der Salesianer Don Boscos und der Don Bosco Schwestern in circa 80 Ländern. Schwerpunktländer sind:
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- Ozeanien: Papua Neuguinea, Salomonen
- Lateinamerika: Argentinien, Bolivien, Haiti, Kolumbien, Peru
- Nahost: Ägypten, Jordanien, Libanon, Syrien, Türkei
- Osteuropa: Albanien, Republik Moldau, Rumänien
Eine Übersicht finden Sie in unserer Länderkarte.
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