“Die Kinder fühlen sich verloren”
Don Bosco Schwester Rosy Lopez aus Bangalore ist seit acht Jahren Direktorin des Centre for Development and Empowerment of Women Society (CDEW Society). Im Fokus der Organisation stehen vor allem Mädchen und Frauen. Seitdem die Schulen in Indien geschlossen sind, dürfen Kinder und Jugendliche nicht mehr draußen spielen oder Freunde treffen. Die 70jährige spricht über die Folgen der sozialen Isolation und was ihr in dieser Krise Hoffnung macht.
Welche Auswirkungen haben die Schulschließungen?
Alle Abschlussprüfungen an Schulen und Hochschulen konnten nicht mehr durchgeführt werden. Einige Prüfungen wurden später digital abgehalten. Privatschulen haben seit Mitte Juni mit digitalen Unterricht gestartet. Für die staatlichen Schulen ist das aber ein Problem. Das liegt vor allem daran, dass viele Eltern ihre Kinder im digitalen Unterricht nicht unterstützen können. Sie haben meistens selber keine Schulbildung.
Kein Internetzugang
Hinzu kommt, dass viele Familien kein Handy besitzen. Und wenn es ein Handy im Haushalt gibt, dann müssen sich das oft 3-4 Geschwister teilen. Die meisten Familien haben gar keinen Internetzugang. Betroffen sind vor allem Kinder in Slums oder kleineren Dörfern. Dramatisch ist, dass die Kinder seit Monaten nicht mehr rausgehen dürfen. Sie können nicht mehr draußen spielen oder ihre Freunde treffen.
Gefährdete Zukunft
Unsere größte Sorge ist die Zukunft der Kinder und Jugendlichen. Das betrifft vor allem die Kinder, die nicht am Online-Unterricht teilnehmen können.
Sie dürfen das Haus nicht verlassen, nicht draußen spielen gehen und auch keine Freunde treffen. Das wird Spuren bei den Kindern hinterlassen.
Schwester Rosy Lopez, FMA
Was ist Ihre größte Sorge?
Durch die Isolation sind viele Kinder fernseh- und internetsüchtig geworden. Die Eltern haben gar keinen Einfluss mehr darauf, was ihre Kinder sich den ganzen Tag lang anschauen. Manche Eltern gehen jetzt nicht mehr arbeiten, um die Kinder nicht alleine zu lassen. Vor dem Lockdown waren die Kinder im Kindergarten oder in der Schule. So konnten die Eltern in Ruhe arbeiten. Die Isolation ist sehr belastend und führt zu psychischen Störungen. Manche junge Menschen werden depressiv, sehen keinen Ausweg mehr und bringen sich um.
Gefahr für die ganzheitliche Entwicklung
Frauen, die arbeiten gehen müssen, schließen oft ihre Kinder in der Wohnung ein. Das ist meistens nur ein einziger Raum. Neun bis zehn Stunden verbringen die Kinder dort – mit dramatischen Folgen für ihre ganzheitliche Entwicklung und auch der Gefahr von Gewalterfahrungen und Missbrauch.
Was macht Ihnen Hoffnung?
Hoffnung macht mir, dass viele altmodische Methoden durch neue ersetzt worden sind. Wir haben alle damit begonnen, innovativ und kreativ zu denken und zu handeln. Während der Pandemie haben z.B. Frauen, Jugendliche und Kinder die Bedeutung der Natur und von Bioprodukten erkannt. Sie haben sich zu Hause einen Gemüsegarten und kleine Terrassengärten angelegt. Dort setzen sie organischen Dünger ein, trennen den Müll und entsorgen ihn fachgerecht.
Kinderparlamente gehen online
Durch Covid können wir zurzeit die Nachbarschaftskinderparlamente nicht mehr abhalten. Deshalb organisieren wir die Treffen jetzt online. So haben die Betreuer in ihren Dörfern Kontakt und Zugang zu den Kindern vor Ort und führen auch gemeinsam Arbeits-und Lernprogramme durch. Manche Kinder nehmen auch an Quiz-Programmen teil und erhalten dafür Zertifikate. Das sind alles innovative Aktivitäten, die Hoffnung machen, diese Krise zu überstehen.
Das Interview wurde im November 2020 geführt.
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Die Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos sowie die Don Bosco Schwestern haben es sich zum Ziel gesetzt, weltweit benachteiligten jungen Menschen in Risikosituationen zu helfen. Sie setzen sich für eine bessere Welt mit mehr Zukunftschancen für Kinder und Jugendliche an sozialen Brennpunkten ein. Don Boscos Werk gilt als die wohl größte kirchliche Schöpfung des 19. und 20. Jahrhunderts. Heute sind rund 15.000 Salesianer Don Boscos in über 1.800 Niederlassungen in 132 Ländern hauptsächlich in der Jugendarbeit tätig.
Don Bosco ist der Name des italienischen Priesters und Seelsorgers Johannes Bosco, der sich schon vor mehr als 150 Jahren für die Jugend einsetzte. Die Jugendlichen zu Zeiten Don Boscos haben zwar unter anderen Umständen gelebt als die heutige Jugend, doch viele Probleme und Herausforderungen sind die gleichen geblieben. Auch heute noch leben viele junge Menschen am Rande der Gesellschaft. Sie haben es schwer gesellschaftlich teilzuhaben und sich eine Zukunft aufzubauen. Deswegen steht der Name Don Bosco heute für ein weltweit tätiges Netzwerk mit einem erfolgreichen und bewährten pädagogischen Ansatz, das sich für die Anliegen von Kindern und Jugendlichen einsetzt.
Don Bosco Mission Bonn fördert Projekte der Salesianer Don Boscos und der Don Bosco Schwestern in circa 80 Ländern. Schwerpunktländer sind:
- Afrika: Demokratische Republik Kongo, Ghana, Elfenbeinküste, Kenia, Madagaskar, Ruanda, Sambia, Sierra Leone, Südafrika, Südsudan, Uganda.
- Asien: Indien, Myanmar,Philippinen, Vietnam
- Ozeanien: Papua Neuguinea, Salomonen
- Lateinamerika: Argentinien, Bolivien, Haiti, Kolumbien, Peru
- Nahost: Ägypten, Jordanien, Libanon, Syrien, Türkei
- Osteuropa: Albanien, Republik Moldau, Rumänien
Eine Übersicht finden Sie in unserer Länderkarte.
In unseren Projekten fördern wir Kinder und Jugendliche weltweit, die am Rand der Gesellschaft leben oder Gefahr laufen, ausgegrenzt zu werden. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Körperliche, geistige oder seelische Beeinträchtigungen, eine zerrüttete Herkunftsfamilie, Drogenerfahrung, Aberglaube, Leben im Slum, Zugehörigkeit zu einer ausgegrenzten Bevölkerungsgruppe oder aufgrund der ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit.
Wir engagieren uns für junge Menschen in Not – unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Geschlecht, sozialer Herkunft und Weltanschauung.
Damit das Leben dieser jungen Menschen gelingt!
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